8. Exkursion Berlin-Marienfelde (25.05.2002):
 Ärztlicher Dienst des Notaufnahmelagers Marienfelder Allee 66 - 80

Bild 8.1. S-Bahnhof Berlin-Marienfelde, Ziel 100.000er
DDR-Bürger in den Jahren1953 bis 1961.


Die Vorbereitungen dieser Exkursion liefen mit der leitenden Medizinerin des ehemaligen Ärztlichen Dienstes, Frau Medizinal- Direktorin Jutta Voigt, und dem Verantwortlichen der Erinnerungsstätte, dem Diplom-Politologen Herrn Gerd Wendt, seit Frühjahr 2000.

Der Ärztliche Dienst war direkt dem Senat von Berlin-West nachgeordnet. So wurde für den 16. August 2000 eine vorbereitende Begegnung in der Erinnerungsstätte organisiert. Es wurde eine Situationsdarstellung von Frau J. Voigt in Vorbereitung dieser Zusammenkunft angefertigt. Die Medienberichten gegenüber sehr kritisch eingestellte Zeitzeugin formuliert u. a.:



Bild 8.2. Frau Medizinal-Direktorin Jutta Voigt (vorn) im Ambulanzraum
 des Ärztlichen Dienstes im Notaufnahmelager Marienfelde im Jahre 1954.


„... Wir waren insgesamt 15 – 17 Ärzte. Nachts von 20:00 Uhr bis 8:00 Uhr waren ein Arzt und eine Helferin in den Diensträumen des Notaufnahmelagers. Am Tage die anderen in Schichten. Vormittags waren wir zahlreicher bei den Aufnahmeuntersuchungen in der Frauen- und Männeretage als nachmittags. Der Ambulanzraum war vormittags von einem Arzt besetzt. Gleichfalls vormittags führte ein Arzt Visiten in der Quarantänestation durch, ein anderer machte Hausbesuche im Lager. Einige Ärzte hatten Tarifverträge für 8 Stunden, einige für 6 Stunden.
Es gehörte also Organisationstalent dazu, hier die Dienstpläne zu erstellen, auch für Samstag und Sonntag wie in der Woche. Und die Urlaube mussten auch hinein. Wenn wir uns nicht alle so gut verstanden hätten, hätte es nicht geklappt. Aber wir alle wollten, dass es funktioniert und mancher ist auch mal länger geblieben. ...“
[10]

Weiterhin wurde schon in Frankfurt (Oder) ein Fragespiegel mit Schwerpunkt auf der medizinischen Seite der Erstaufnahme vorbereitet und mit den Vertretern der Erinnerungsstätte sowie der Zeitzeugin des Ärztlichen Dienstes durchgegangen. So konnte z. B. noch einmal herausgestellt werden, dass die erste Station des Aufnahmeverfahrens nicht der Ärztliche Dienst sondern die sicherheitsrelevanten Dienststellen der Westalliierten waren.

Bild 8.3. Die Statistik des Gesundheitsdienstes wurde ab 1949 geführt.

Nach den vorliegenden Statistiken durchliefen insgesamt 1,5 Millionen DDR-Flüchtlinge dieses Lager in Marienfelde. Sie zeigen einen ständigen Anstieg der Zahlen von Jahr zu Jahr. So z.B. im Jahre 1949 38.474 und im Jahre 1961 die höchste Rate mit 150.762.

Video 8.1. Exkursionsteilnehmer des Historischen Vereins zu Frankfurt (Oder) im Notaufnahmelager
 Berlin-Marienfelde. In der Austellung erläutert Herrn Gerd Wendt Details zur Funktion dieser Einrichtung.

2 Jahre nach diesen Vorbereitungen, also im Jahr 2002, konnte die Exkursion durchgeführt werden. Leider konnte die Ärztin wegen Abwesenheit (Reise) nicht teilnehmen. Der Partner war wiederum der Diplom-Politologe Herr Gerd Wendt, der den Teilnehmern der Exkursion umfassend Auskunft erteilte, die Erinnerungsstätte erläuterte und eine Führung durch das Haus des Ärztlicher Dienst vornahm.

[10] Voigt, Jutta, Aufzeichnungen vom 25.04.2000, liegen bei Klaus Eichler.