2011


Am 25. Januar 2011 fand am altbewährten Sitzungsort, im Stadtarchiv die Jahreshauptversammlung statt. Anwesend waren über 20 Mitglieder und Gäste.

Zuerst zeigte der stellvertretende Vereinsvorsitzende, Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel, den Film „Messerscharf“ aus der Filmsammlung des Stadtarchivs.

Im öffentlichen Teil sprach unser Mitglied, Herr Dr. Horst Engelke, über „Die Schulreform von 1809 und ihre Auswirkungen in Frankfurt (Oder)“. U.a.stellte er eine Rektorenliste der Frankfurter Lateinschule vor. Nach dem Urteil des Oberpfarrers Christian Wilhelm Spieker kümmerte sich die Frankfurter Stadtverwaltung mehr um kaufmännische Angelegenheiten, weniger um die schulischen Inhalte. Ab 1813 gab es in Frankfurt eine neue Schulstruktur. Mit diesem Referat setzte Dr. Engelke seine Studien zur Frankfurter Schulgeschichte fort.


Die nächste Sitzung fand am 22. Februar 2011 wiederum im Stadtarchiv statt. Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel zeigte den Anwesenden aus der Stadtarchivsammlung zunächst den vom Frankfurter AFC gedrehten Arbeitsschutzfilm „Die eine Sekunde“ aus dem Jahre 1969. Danach sprach Ver­einsmitglied, Herr OMR Dr. Klaus Eichler, über Dr. med. Michael Gehring, der im Heimkehrerlager, im Heimkehrerlazarett am Westkreuz, in der ersten Frankfurter Poliklinik und zuletzt als Staatssekretär im Ministerium für Gesundheitswesen der DDR tätig war. Dr. Eichlers Vortrag stand in Zusammenhang mit der 65. Wiederkehr der Eröffnung des Heimkehrerlagers Gronenfelde am 27. Juli 1946.


In der März-Sitzung am 29.03.2011 sprach im Stadtarchiv als Gast, Herr Prof. Dr. em. Dieter Lelgemann, über „Was Ptolemaios über den Viadrus berichtet – Die Entzerrung der antiken Karten mit Hilfe moderner Rechner“. Zu dieser Veranstaltung, die unser Mitglied, Herr Ralf Loock, organisiert hatte, kamen 14 Mitglieder und 27 Gäste.

Referent Prof. Dr. Lelgemann im Stadtarchiv.

Die Einführung zum Referat übernahm ebenfalls Herr Loock. Am Anfang von Prof. Dr. Lelgemanns Referat standen ausführliche Informationen zu den Quellen und zu den bei der Entzerrung der Karten angewandten Methoden. Durch diese Methoden konnten tlw. Genauigkeiten zu heutigen Standorten bis auf 15 Kilometer erreicht werden. Sogar bisher unbekannte Orte könnten dadurch lokalisiert und archäologisch untersucht werden. Prof. Lelgemanns Aussagen wurden für die Anwesenden durch zahlreiche Abbildungen und Karten verständlicher. Nach seinen Erkenntnissen ist zu vermuten, dass die Oder auf Grund von Deutungen der Ptolemei’schen Datenkenntnisse aus dem 16. Jahrhundert fälschlicherweise den Namen „Viadrus fluvius“ erhielt. Der Referent bestätigte damit die schon seit Jahren in Frankfurt bestehenden Hypothesen.


Auf der Sitzung am 19. April 2011 zeigte im Stadtarchiv Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel zunächst wiederum einen Film aus der Sammlung des Stadtarchivs – „Gitarre und Facharbeiterbrief“ aus dem Jahre 1973. Anschließend wurde ein Vorschlag von OMR Dr. Klaus Eichler zur Standortmarkierung des Heimkehrerlagers Gronenfelde diskutiert. (Diese erfolgte am 13.11.2011.) Im Hauptteil führte Herr OA Targiel durch die Ausstellung des Stadtarchivs „Familie Post – ein Leben für die Musik“.

Ausstellung „Familie Post – ein Leben für die Musik“ im Stadtarchiv.

 

Die Grundlage der Ausstellung bildete der dem Stadtarchiv geschenkte Nachlass des Geigenvirtuosen, Orchesterleiters und Musikpädagogen Willy Post, der von einer Praktikantin aufgearbeitet worden war. Zu dieser interessanten und kurzweiligen Ausstellung mit einigen Ausstellungsstücken, die weit über Frankfurt hinaus von Bedeutung sind, kamen 13 Personen.


Die letzte Sitzung vor den Sommerferien fand am 31. Mai 2011 im Kurfürstensaal des Museums VIADRINA statt. Frau Dr. Monika Nakath vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam sprach über „Jüdische Opfer der NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik im Spiegel archivalischer Quellen des BLHA“. U.a. machte sie Ausführungen zu Deportationen von Juden aus Frankfurt (Oder) und dem gleichnamigen Regierungsbezirk. Dazu verwies sie auf die konkreten Aktenbestände im Potsdamer Archiv, deren Auswertung trotz Kriegsverluste weitere Forschungsergebnisse erwarten lassen.


Im September fand keine Vereinssitzung statt.


Zur nächsten Veranstaltung des Vereins wurde am 25. Oktober 2011  wieder in den Kurfürstensaal des Museums VIADRINA eingeladen. 13 Mitglieder und fünf Gäste waren zum Vortrag von Vereinsmitglied, Herrn Udo Harttung, gekommen. In einem reich bebilderten Vortrag stellte der gebürtige „Dämmler“ eine der ältesten Frankfurter Firmen vor. Die Familie Harttung betrieb bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts in der Frankfurter Dammvorstadt eine Wachswarenfabrik. Nach Kriegsende gelang dem Vater von Herrn Harttung auf dem Gelände der Steingutfabrik Paetsch ein Neuanfang. Wegen politischer Diffamierung und Verhaftung verließ die Familie Harttung 1953 nach 192 Jahren und sieben Generationen ihre Heimatstadt Frankfurt (Oder) und die DDR. Interessant waren auch Harttungs Ausführungen zu den verwandtschaftlichen Beziehungen der Frankfurter Familien Harttung, Lienau und Petersen. Als Überraschungsgeschenk überreichte der Referent den Anwesenden eine handgefertigte Wachskerze. Die liebevoll an der Kerze befestigte Widmung erinnert an die Veranstaltung unseres Historischen Vereins am 25. Oktober 2011.


In der November-Sitzung am 22.11.2011, wiederum im Museum VIADRINA, referierte als Gast Frau Dipl.-Archivarin Sabine Hank vom Centrum Judaicum Berlin vor zehn Mitgliedern und vier Gästen über „Martin Salomonski – ein Feldrabbiner aus Frankfurt (Oder)“. Der jüdische Rabbiner, an dessen Schicksal auch ein Stolperstein in der Nähe des Synagogen-Gedenksteins in der Karl-Marx-Straße erinnert, wohnte in der Lindenstr. 6 und war auch Präsident der Hardenberg-Loge. Im Ersten Weltkrieg meldete er sich freiwillig als Seelsorger zum Kriegsdienst. Über seine Fronterlebnisse sowie die Tätigkeit jüdischer Rabbiner an der Westfront veröffentliche er zwei Bücher. 1942 wurde Martin Salomonski mit seinen Kindern von Berlin aus nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet.

Vereinsvorsitzender Herr Dipl.-Lehrer Wolfgang Buwert, Gastreferentin Frau Dipl.-Archivarin Sabine Hank
und Vereinsmitglied Dr. Martin Schieck (v.l.n.r.) im Museum Viadrina.

Danach sprach Vereinsmitglied, Herr Eckard Reiß, „Zu den Grabungen am Jüdischen Friedhof“. Ausgehend von dem Anfang der 60-er Jahre noch vorhandenen Friedhof stellte er in chronologischer Reihenfolge die etappenweise Zerstörung und Überbauung der Friedhofsanlage vor. Sehr anschaulich waren neben vielen unbekannten Sichten auf den Friedhof die Überblendungen von Stadtplanausschnitten aus verschiedenen Zeiten. Im ersten Quartal 2012 wird die Publikation „Makon tow – der gute Ort. Jüdischer Friedhof Frankfurt (Oder)/ Słubice“ erscheinen, die Herr Reiß entscheidend erarbeitet hat.


Zum Abschluss des Jahres trafen sich am 13. Dezember 24 Personen in der Sonderausstellung „Vom Aschenbecher bis zum Weihwasserkessel. Die Frankfurter Steingutfabrik Theodor Paetsch“ im Museum VIADRINA. Kuratorin dieser Ausstellung war unser Vereinsmitglied, Frau Dr. Sonja Michaels. Mit vielen Leihgaben trugen die Privatsammler, Vereinsmitglied, Herr MuR Wolfgang Brisch, und Herr Frank Budach, zu dieser sehr erfolgreichen Ausstellung bei. Zunächst berichtete Herr Brisch über das Zustandekommen beider Privatsammlungen. Herr Budach trug Passagen aus den Lebenserinnerungen von Frau Irmgard Paetsch vor, die nach dem Krieg und der Verhaftung und Internierung ihres Mannes den Betrieb leitete. Auch diese alt eingesessene Frankfurter Familie verließ 1953 aus wirtschaftlich-politischen Gründen Frankfurt (Oder) in Richtung Westberlin. Nach den Darstellungen erläuterten die beiden Herren den Anwesenden die Ausstellung. Beeindruckend waren u.a. die vielen Dekore der Tortenplatten und die „Küchenecke“.