2010


Die Jahreshauptversammlung fand am 26. Januar im Stadtarchiv statt. Anwesend waren 15 Mitglieder und vier Gäste.

Im öffentlichen Teil zeigte der stellvertretende Vereinsvorsitzende, Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel, aus dem Bestand des Stadtarchivs Filmaufnahmen vom 14. April 1990. Damals wurde der bauliche Zustand Frankfurts in einem Spaziergang mit einer Videokamera festgehalten.

Anschließend sprach unser Vorstandsmitglied, Herr Dr. Martin Schieck, über die „Junkerstr. 10. Von der Böttcher-Gesellen-Herberge zur Gaststätte ‚Oderterrasse’“. Zum einen zeigte der Referent die architektonisch- bauliche Entwicklung von den ältesten, in den Bauakten erhaltenen Zeichnungen des frühen 18. Jh. bis zu den Privataufnahmen des letzten Gaststättenbetreibers in den 50-er Jahren des 20. Jh.. Zum anderen ging er auf das Herbergswesen, insbesondere der Böttchergesellen ein. Zahlreiche Bilddokumente veranschaulichten die Darstellung eindrucksvoll.


Am 23. Februar sprach unser Vereinsmitglied, Herr Horst Voigt, über „Wildenhagen ─ der Name dieses Dorfes steht für das Massenselbstmord-Drama kurz vor Kriegsende“ (veröffentlicht in H. 1/2010). Anwesend war dazu eine Zeitzeugin, Frau Adelheid Nagel geb. Schmarr (jetzt Frankfurt (Oder)), die ihre Kindheit in Wildenhagen (heute Lubin) jenseits der Oder verlebte. Sie hatte über ihre Erlebnisse ein Buch unter dem Titel „Mein Leben“ herausgegeben, auf das der Referent Bezug nahm und Auszüge daraus vortrug.

Referent Vereinsmitglied Horst Voigt.

Zeitzeugin Frau Adelheid Nagel (rechts).

In der Nacht des 31. Januar 1945 nahmen sich fast alle Frauen Wildenhagens in einer Art Angstpsychose vor der anrückenden Roten Armee das Leben. Zuvor töteten sie auch ihre Kinder. Darunter sollte auch Adelheid Schmarr sein, die aber am nächsten Tag von russischen Soldaten gerettet wurde. Insgesamt nahmen sich von den etwa 480 Einwohnern 86 bis 100 Menschen das Leben.

Nach den einführenden Worten zeigte Herr Voigt die Filmdokumentation „Die Nacht von Wildenhagen“, die der WDR und arte 2004 ausgestrahlt hatten. An der Veranstaltung nahmen 30 Personen teil.

Damit wurde ein Thema angeschnitten, das für die Frankfurter Geschichte bisher auch noch nicht aufgearbeitet ist.


Die Sitzung am 31. März fand dieses Mal im Museum Viadrina statt. Gekommen waren etwa 30 Personen.

Anlässlich der Gründungsversammlung des Historischen Vereins am 26. März 1990 stießen die Anwesenden zunächst auf dieses Jubiläum mit einem Glas Sekt an.

In einem Kurzbeitrag informierte dann Vereinsmitglied, Herr OMR Dr. Klaus Eichler, über die Arbeit und die Auflösung des Kreisverbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangenen, Vermisstenangehörigen (VdH) (veröffentlicht in H. 1/2010). Die Unterlagen des Kreisverbandes wurden inzwischen dem Stadtarchiv übergeben.


Kriegsveteran Erich Schreiber zwischen Vereinsvorsitzenden Dipl.- Lehrer Wolfgang Buwert /(links)
und Vereinsmitglied Dr.Klaus Eichler (rechts).

Im Hauptteil berichtete Herr Erich Schreiber (Frankfurt (Oder)) über seine „Zeit der Entscheidungsfindung“. Er war Wehrmachtsoldat und machte die Schlacht um Stalingrad mit, die er als Kriegsgefangener überlebte. Weiterhin erzählte er über seine persönlichen Erfahrungen an der Antifa- Schule in Tschuma.


Am 27. April fand die nächste Sitzung statt. Im Kurfürstensaal des Museums Viadrina referierte Herr Dipl.-Architekt Christian Nülken (Frankfurt (Oder)) vor 11 Mitgliedern und neun Gästen über „Cornelys Reykwart: sein architektonisches Wirken in Brandenburg und Anhalt“.


Referent Dipl.-Architekt Christian Nülken.

An einer originalen Wirkungsstätte Reykwarts, nämlich dem Junkerhaus in Frankfurt (Oder), erfuhren die Anwesenden interessante Details und Zusammenhänge aus dem Leben und Wirken des Architekten und Baumeisters. Unter seiner Leitung erfolgte der barocke Umbau des Junkerhauses im 17. Jh..


Auch die Maisitzung am 11.05.2010 wurde wieder im Museum Viadrina durchgeführt. 13 Mitglieder und acht Gäste nahmen daran teil. Referent war Herr Dieter Rother (Essen), der seine Kindheit und Jugendzeit in Frankfurt verbracht hat und der bereits 2009 bei uns einmal sprach (veröffentlicht in H. 2/2009). „Frankfurt (Oder) – Biegen und zurück“ nannte er seinen Vortrag, in dem er über seine Erinnerungen an die Evakuierung, Rückkehr und ersten Nachkriegsjahre sprach. 1997 legte er dazu noch einmal zu Fuß denselben Weg zurück, den er mit seiner Mutter und seinem Bruder bis 1948 oftmals gegangen war. Biegen war das Ziel. Dort halfen sie auf einem Bauernhof, um Nahrungsmittel zu erhalten, die in den schweren Jahren das Überleben sichern halfen.


Referent Herr Dieter Rother beim Vortrag.


Nach der Sommerpause traf sich der Verein am 28. September erneut im Kurfürstensaal des Museums Viadrina. 14 Mitglieder und sechs Gäste waren zu dieser Veranstaltung gekommen.


Vereinsmitglied Ing. Joachim Schneider.

Am Anfang machte Vereinsmitglied, Herr Ing. Joachim Schneider, einführende Be­merkungen zu den „Stationen auf den Schicksalswegen der Kriegsgefangenen“. Dazu stellte er ein von ihm entwickeltes Schema zu den „Wegen der Kriegsgefangenen und Heimkehrer“ vor (veröffentlicht in H. 1/2010).

Den Hauptteil des Abends bestritt Frau Heidemarie Bucki (Sangerhausen), Tochter des ehemaligen stellvertretenden Leiters des Heimkehrerlagers Gronenfelde, Paul Rösch. Sie las aus ihrem Buch „Das Lager. Über das größte Heimkehrerlager des Ostens in der vergessenen Stadt Frankfurt/Oder und den Überlebenskampf einer jungen Familie“. Ihr Anliegen war es dabei. Leser anzusprechen, die mit der Heimkehrer- Problematik nichts zu tun hatten und diese jetzt dafür zu interessieren.


Autorin Frau. Heidemarie Bucki bei der Buchlesung.

Dafür hatte sie eine feminin-emotionale Schreibweise gewählt, tlw. aus dem Blickwinkel eines Kindes. Mit ihrem Buch ging es Frau Bucki auch darum, die Leistungen der Stadt Frankfurt (Oder) als „Schlüsselstadt“ für die Heimkehrer wieder mehr in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Der Historische Verein beschäftigt sich bereits seit über 15 Jahren intensiv mit dieser Thematik und unterstützt deshalb Frau Buckis Anliegen.


Die Sitzung am 26. Oktober fand wieder im Stadtarchiv statt. Herr Michael Annuß, Bauamtsleiter der Stadtverwaltung Frankfurt (Oder), sprach vor 17 Anwesenden zum Thema „Frankfurt (Oder) – Stadt im Wandel. Entwicklung seit 1990 und Ausblick bis 2030“. Er stellte die Sanierungs- und Entwicklungsgebiete der Stadt vor: 1. ehemalige Altstadt, 2. südöstliches Stadtzentrum, 3. Fischerstr./ Walter- Korsing- Str., 4. Gubener Str./ Lindenstr. und 5. Altberesinchen. Mit zahlreichen graphischen Darstellungen ging er auf die Entwicklungsziele, die Investitionen und die Herausforderungen bis 2030 ein. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von 59.290 Menschen im Jahre 2010 prognostizierte Herr Annuß für 2030 ca. 48.000 Einwohner.

In der Diskussion regte Herr Schneider zusätzlich eine Erinnerungstafel für Alexander v. Humboldt auf dem Universitätsplatz an.

Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel stellte anschließend in einem Kurzbeitrag Prof. jur. Samuel Stryk anlässlich seines 300. Todestages vor. Der aus Lentzen/ Elbe stammende Stryk hatte in Frankfurt (Oder) studiert und 1672 eine Professur an der Juristischen Fakultät übernommen. 144 Drucke von ihm sind im Stadtarchiv überliefert. Sein später an der Hallenser Universität berühmt gewordener Schüler war der Jurist Christian Thomasius.


Am 23.11.2010 referierte Herr OA Ralf-Rüdiger Targiel im Stadtarchiv über zwei für die Frankfurter Stadtgeschichte bedeutsame Persönlichkeiten. Zu den Beiträgen waren 18 Personen gekommen, darunter der Leiter des Oberstufenzentrums „Konrad Wachsmann“, Herr Bernd Wagner.

Zunächst sprach Herr Targiel über Eduard von Simson anlässlich dessen 200. Geburtstages. Simson war u.a. Präsident der Frankfurter Nationalversammlung und stand an der Spitze der Deputation, die am 03. April 1849 König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone antrug. Seit 03. September 1860 war Simson Präsident des Appellationsgerichtes in Frankfurt (Oder). An Simsons ehemaligen Wohnhaus Halbe Stadt 20 hatte unser Verein am 02. Mai 1991 dank Herrn Targiel die Wiederanbringung der alten Gedenktafel des Historisch-Statistischen Vereins initiiert und organisiert.

Im zweiten Beitrag beschäftigte sich der Referent anlässlich des 30. Todestages mit Konrad Wachsmann. Der 1901 in der Oderstadt geborene Apothekersohn entwickelte sich zu einem bedeutenden Vertreter des industriellen Bauens. Nach seinem Tode am 25.11.1980 in Los Angeles wurde seine Urne auf eigenen Wunsch auf dem Frankfurter Hauptfriedhof am 10.12.1981 beigesetzt. Herr Targiel stellte u.a. auch ein von Wachsmann entworfenes Holzhaus vor, dessen Standort heute unbekannt ist. Er bat die Anwesenden um Mithilfe bei der Standortsuche.


Am 14. Dezember trafen sich 12 Mitglieder zu einem gemütlichen Jahresausklang im Zentrum für Begabtenförderung in der Puschkinstraße bei Glühwein und Spekulatius. Der stellvertretende Vereinsvorsitzende, Herr Jens Kleuckling, ermöglichte uns dieses Zusammensein. Er engagiert sich besonders für dieses Zentrum.


Gemütlichen Jahresausklang im Zentrum für Begabtenförderung.

Frau Dr. Sonja Michaels stellte drei Neuerwerbungen des Museums vor, von denen zwei in der geplanten Ausstellung zur Steingutfabrik Paetsch 2011 zu sehen sein werden. Herr OA Targiel berichtete über den Erwerb des Nachlasses des Musikers Willy Post. Zu Gehör brachte er auch ein humoristisches Gedicht des Architekten Willy Schönfelder (Vater des bekannten Schauspielers Friedrich Schönfelder), der über die Zustände in der Wohnung unter ihm reimte. Er berichtete amüsant über Musikabende, Proben und Unterrichtsstunden der Familie Post.

Dr. Schieck zeigte zwei Fotos aus den Frankfurter Nachkriegsjahren und stellte die Datierung zur Diskussion. Herr Buwert stellte einige neu erworbene Fotos zur Frankfurter Militärgeschichte vor.

Im Anschluss tauschten sich die Mitglieder zu den Vorhaben im Jahr 2011 aus.