2006


Die Jahreshauptversammlung fand am 24. Januar wieder im Museum VIADRINA statt. Anwesend waren 14 Mitglieder und fünf Gäste.

Im öffentlichen Teil sprach Vereinsmitglied, Herr OMR Dr. Klaus Eichler, über drei Mediziner, deren Leben eng mit der Frankfurter Nachkriegsgeschichte verbunden ist: Dr. Max Petermann, Prof. Dr. Dr. Ernst-Günther Schenck und Dr. Dr. Rolf Bernstein.

Dr. Petermann, ein stadtbekannter Arzt (die Petermannsche Villa ist vielen Frankfurtern noch in guter Erinnerung), dessen Todestag sich zum 60. Male jährte, machte sich um die Betreuung und Leitung des Seuchenlazaretts verdient, das bekannterweise im Gebäude des heutigen Museums eingerichtet worden war (veröffentlicht in H.. 2/2006)

Prof. Dr. Dr. Schenck kam als kriegsgefangener Arzt aus Berlin nach Frankfurt und betreute die kranken deutschen Kriegsgefangenen im Lazarett der Hindenburg- und Hornkaserne.

Dr. Dr.  Bernstein war ebenfalls als kriegsgefangener Arzt in der Oderstadt tätig. Schenck und Bernstein haben ihre Erinnerungen in Buchform festgehalten, aus denen der Referent Passagen vortrug. Sie verdeutlichen die äußerst schwierige Lage der medizinischen Versorgung der Kriegsgefangenen und zugleich das große Engagement der betreuenden Ärzte.


Die am 28. Februar durchgeführte Sitzung fand wie auch zu den nächsten Terminen im Museum VIADRINA statt.

Als Referent sprach Vereinsmitglied, Herr Dr. Horst Engelke,  zum Thema „Wie ehemalige Schüler das Friedrichs-Gymnasium in der NS-Zeit sehen“. Er stützte sich vor allem auf die Erinnerungsberichte ehemaliger Gymnasiasten in der Festbroschüre  „XAIPE“ (= „Seid gegrüßt“), die zum 300-jährigen Schuljubiläum erschienen war.


Vereinsmitglied Dr. Horst Engelke beim Vortrag.

Nach der Durchsicht der Berichte entwickelte Dr. Engelke für seine Ausführungen fünf Leitfragen, u.a. warum Eltern sich für das Friedrichs-Gymnasium entschieden und welche  Rolle Kriegstraditionen an der Schule spielten. Die von ihm entwickelten Kriterien erlaubten es dem Autor, die subjektiven Erlebnisberichte zu analysieren.


Am 28. März sprach der stellvertretende Direktor und Vorstandsmitglied, Herr Dr. Martin Schieck, über einen unberechtigten Rauswurf aus dem Junkerhaus. Anwesend waren 12 Mitglieder und 12 Gäste.


Vereinsmitglied Dr. Martin Schieck.

Eingebettet in einen kurzen Abriss der Bau- und Nutzungsgeschichte des Junkerhauses war eine Episode aus dem 17./18. Jh.. Aus verschiedenen Akten des Brandenburgischen Landeshauptarchivs sowie des Geheimen Preußischen Staatsarchivs in Berlin konnte der Referent die kuriose Geschichte des Rauswurfs  von Prof. v. Runckel rekapitulieren. Der heute recht merkwürdig anmutende Fall brachte die Zuhörer mehrfach zum Schmunzeln.


In der Sitzung vom 25. April berichtete Herr Dipl.-Lehrer Peter Staffa über ein Projekt des Friedrichs-Gymnasiums – „Building brigdes“.  Im Rahmen dieses Projektes hat das Gymnasium Kontakte zu Schulen in Gütersloh, Polen, Israel und Palästina. So kam auch der Kontakt zu einem jüdischen Friedrichs-Gymnasiasten zustande, Hermann Arndt, der mit seiner Familie Deutschland während der Nazizeit  verlassen musste. Bekannt wurde er viel später als Mitglied des MOSSAD und als Verantwortlicher für die Aufspürung und Verhaftung von Adolf Eichmann in Argentinien. Herr Staffa konnte mit Schülern ihn, der jetzt Zvi Aharoni heißt, in England besuchen. Die Schüler interviewten ihn, und dabei entstand ein Film, der nun aufgeführt wurde.

 
Dipl.-Lehrer Peter Staffa


Die Sitzung am 30. Mai, zu der 25 Personen anwesend waren, bestand aus drei Referaten. OMR Dr. Klaus Eichler erinnerte an den 50. Todestag von Dr. Gottfried Benn, der einen Teil seiner Schulzeit am Friedrichs-Gymnasium absolvierte und später neben seiner medizinischen Ausbildung und Tätigkeit zu einem bedeutenden wie widersprüchlichen Schriftsteller avancierte.

 

Vereinsmitglied, Herr Carsten Roman Höft, stellte die Aktion „Stolpersteine in Frankfurt (Oder)“ vor. Er referierte über Nissel Weißmann und Albert Fellert, die von den Nazis deportiert und umgebracht wurden..

Vereinsmitglied Carsten Roman Höft.

Als Dritter sprach Vereinsmitglied, Herr Ing. Joachim Schneider, über „Der Kampf um Lebus im Februar 1945“. Dazu zeigte der Referent Fotos und Luftbilder. Herr Schneider hat eine Menge Material zusammengetragen und stellte manche Fakten erstmals der Öffentlichkeit sehr detailliert vor.


Vereinsmitglied Ing. Joachim Schneider.


Referenten auf der Sitzung am 26. September waren die Mitglieder, Herr Eckard Reiß und Herr Manfred Krause.

Herr Reiß widmete sich der Geschichte des Friedhofes in der Frankfurter Dammvorstadt. Die erste schriftliche Erwähnung des Dammfriedhofes berichtete über seine Verwüstung im Dreißigjährigen Krieg. Die Anlage eines neuen Friedhofes war wegen Grundwasserproblemen notwendig geworden, die Einweihung erfolgte 1814. Im Jahre 1928 wurde die erweiterte, nunmehr als Waldfriedhof bezeichnete Anlage eingeweiht. Die Erweiterung sollte Bestattungen für weitere 60 Jahre ermöglichen. Die letzte deutsche Beerdigung fand dort am 25. Januar 1945 statt, die ersten beiden polnischen Bestattungen erfolgten am 14. Juli 1945.

Herr Krause sprach anschließend über das 100-jährige Jubiläum der Feuerwehr in Tzschetzschnow-Güldendorf. Er machte Ausführungen über die Struktur und Organisation der Feuerwehr und stellte Anekdoten  vor. Die erste Feuerwehr bestand aus 15 Mann.

Danach informierte Herr Höft darüber, dass bisher sieben „Stolpersteine“ in Frankfurt (Oder) verlegt worden sind und erinnerte an das Schicksal von Opfern der NS-Gewaltherrschaft.


Auf der Oktober-Sitzung am 25.10. referierte Herr Dr. Horst Engelke „Zur Geschichte der Städtischen Oberschule“. Die erste Information über die Existenz einer Schule in Frankfurt (Oder) stammt aus dem Jahre 1341, sie trug mehrere Namen, u. a. Ratsschule, Schule in der Oberstadt, Lateinschule. Der erste Standort dieser Schule lag an der Südmauer des Friedhofs von St. Marien. Im 15. Jh. unterrichteten ein Rektor und zwei Gesellen die Schüler. Eine Zäsur in der Schulentwicklung bildete die Einführung der Reformation 1539.



Vereinsmitglied Dr. Horst Engelke beim Vortrag.

Mit seinen zwei Beiträgen ist durch Dr. Engelke nach langer Zeit wieder die Frankfurter Schulgeschichte ergänzt worden.


 Auf der Sitzung am 21. November erinnerte OMR Dr. Klaus Eichler an die 50. Wiederkehr der Nobelpreisverleihung für Medizin an Prof. Dr. Werner Forßmann, der auch in Frankfurt (Oder) als Arzt tätig war.

Den Hauptbeitrag des Abends bildete ein von Vereinsmitglied, Herrn OA Ralf-Rüdiger Targiel,  gemachter „Spaziergang durch Frankfurt (Oder) 1939“. Über 100 Postkartenaufnahmen des Verlages Schöningh & Co. erlaubten einen Blick auf und in die Oderstadt vor 1945. Die Scans stammten von originalen Glasnegativen des Verlages, die sich mittlerweile im „Haus Brandenburg“ der Landsmannschaft Berlin-Brandenburg in Fürstenwalde befinden und dort von Herrn Targiel und zuvor schon Anfang der 90-er Jahre von unserem Mitglied, Herr Restaurator Bernhard Klemm, entdeckt worden waren. Auf Grund der hervorragenden Qualität der Glasnegative konnte der Referent mit den hochauflösenden Scans den anwesenden 24 Mitgliedern und Gästen so manche Details zeigen. Von Blicken vor die Fensterscheibe einzelner Geschäfte bis hin zu auf den Postkarten nicht sichtbaren Retuschen reichte die Palette.


Für die Sitzung am 12. Dezember konnte dank der Vermittlung von Vorstandsmitglied, Herrn OA Targiel,  als Referent Herr Stephan Brather gewonnen werden,  Dipl.-Restaurator am Brandenburgischen Landesdenkmalamt Wünsdorf. Die Veranstaltung fand erstmals in den Räumen der Gedenkstätte „Opfer politischer Gewaltherrschaft“ in der Collegienstraße statt, einem ehemaligen Frankfurter Gefängnis.  Anwesend waren neun Mitglieder und 12 Gäste.


Referent Herr Stephan Brather.

Herr Brather, der ein Aufbaustudium an der Europa-Universität VIADRINA, Lehrstuhl Schutz europäischer Kulturgüter absolviert, erforschte mit zwei weiteren Studenten im Rahmen einer Belegbarbeit die Bau- und Nutzungsgeschichte des Betsaales des St. Spiritushospitals.  Die Ausführungen, die sich auf ein gründliches Aktenstudium als auch auf die bauliche Bestandsaufnahme stützen, erlaubten ein detailreichen Einblick in ein der Öffentlichkeit kaum noch bekanntes Gebäude. Möge seine Arbeit und das Bekanntmachen in der Öffentlichkeit dazu beitragen, dass dieser Betsaal vor dem völligen Zerfall gerettet werden kann.