2002


Die Jahreshauptversammlung fand am 29. Januar im Stadtarchiv statt. 16 Mitglieder nahmen daran teil. Hinzu kamen neun Gäste, da im öffentlichen Teil der gebürtige Frankfurter, Herr Manfred Twardowski, einen Vortrag unter dem Titel „Aus den Briefen meines Vaters im Jahre 1945“ hielt. Der Vater, Paul Twardowski, gehörte seit 1919 als Zahlmeister der Reichswehr bzw. Wehrmacht an. Die Festungszeit 1945 erlebte er als Stabsintendant im Frankfurter Festungs- Pak- Verband. Aus dieser Zeit existieren neun Briefe an seine evakuierte Frau, die er zwischen dem 12. Februar 1945 und dem 1. April 1945 aus Frankfurt schrieb. Die Briefe vermitteln einen Eindruck von der Situation in der Festung und von den alltäglichen Sorgen einer Frankfurter Familie. Die Briefe sind ein wichtiger Bestandteil zur Frankfurter Festungsgeschichte 1945.
Daran schloss sich ein Beitrag unseres Vereinsmitgliedes, Herrn Eckard Reiß, an. Er sprach über die „Kirche in der Dammvorstadt“ (veröffentlicht in H. 1/2002). Die Kenntnis von einem Kirchenbau in dieser Frankfurter Vorstadt war kaum noch bekannt. Aus-gangspunkt für seine eigenen Recherchen war eine Masterarbeit eines Studenten am Collegium Polonicum. Auf einem Kupferstich aus dem Jahre 1706 und einem Stadtplan von 1767 konnte Herr Reiß die Kirche nachweisen, ebenso in Hausens Biografie über Herzog Maximilian Julius Leopold v. Braunschweig.

Kupferstich aus dem Jahre 1706 mit Ansicht von Frankfurt (Oder) von Osten über die Oder mit
Kirche an der Nordspitze des Karree (Quelle: Museum Viadrina).


Im zweiten nicht öffentlichen Teil trug der Vereinsvorsitzende, Herr Diplom-Lehrer Wolfgang Buwert, den Bericht über die Tätigkeit des Historischen Vereins zu Frankfurt (Oder) für das Geschäftsjahr 2001 (veröffentlicht in H. 1/2002) vor, dem der Kassenbericht der Schatzmeisterin, Frau Dr. Vera Kliemann, folgte. Die beiden Kassenprüfer, Herr Manfred Krause und OMR Dr. Klaus Eichler, hatten an diesem Bericht keine Beanstandungen. Der Rechenschaftsbericht fand einhellige Zustimmung, und der Kassenbericht wurde mit einer Enthaltung bestätigt.
In der darauf folgenden Vorstandswahl wurde der alte Vorstand einstimmig wieder gewählt.


Zur Sitzung am 18. Februar waren 13 Mitglieder und acht Gäste gekommen. Herr OMR Dr. Klaus Eichler sprach in einem dritten Teil zum Thema „Von der Festung zur Lazarettstadt“. Inhalt seines Beitrages, der wiederum in einer eigenen Publikation von Dr. Eichler veröffentlicht wurde, waren die Topografie der Frankfurter Lazarette und Biografien von Angehörigen des medizinischen Personals.

Titelseite des 3. Teiles der Reihe „Von der Festung zur Lazarettstadt -
Frankfurt (Oder 1945- 1949“ von  Dr.. med. habil. Klaus Eichler.

In der Diskussion wurde erneut festgestellt, dass der Kenntnisstand über das Geschehen von etwa Mai 1945 bis Sommer 1946 bezüglich der Entlassung deutscher Kriegsgefangener und ihrer medizinischen Betreuung nach wie vor äußerst lückenhaft ist.


Auf der Sitzung am 30. April sprach Herr Heinz Koschan aus Potsdam. Er hatte seine Erinnerungen als Soldat in der Festung Frankfurt (Oder) 1945 in seinem Buch „Der Hölle entronnen“ niedergeschrieben. Vor 12 Mitgliedern und 18 Gästen skizzierte er sein Leben vor dem Einsatz in Frankfurt und erläuterte, wie er dazu kam, seine Erlebnisse in einem Buch niederzuschreiben.

Titelseite des des Band II der Lebnenserinnerungen von Heinz Koschan
 (Quelle: Schkeuditzer Buchverlag Herbert Stascheit e.K. (2001); ISBN-10: 3935530064).

Koschan war Soldat im Festungsregiment 2 und Festungsregiment 6 und machte am 16. April 1945 die Angriffe der Roten Armee auf Frankfurt (Oder) mit.


Zur Sitzung am 28. Mai erinnerte zunächst Vereinsmitglied Dr. Klaus Eichler an den 150. Geburtstag von Prof. Dr. Löffler, dem Entdecker des Diphtherie-Bazillus, der 1901 für seine Forschungen den Medizin-Nobelpreis verliehen bekam. Ebenfalls würdigte er Daniel Albrecht Thaer als Mediziner und Pionier der Landwirtschaft.
Danach zog Dr. Eichler eine Bilanz über 10 Jahre Exkursionen des Historischen Vereins, die die Mitglieder zu Wirk- und Wohnstätten verdienstvoller Mediziner in Ostbrandenburg führten (siehe auch "
Exkursionen des Historischen Vereins zu Frankfurt (Oder) an Wirk- und Wohnstätten verdienstvoller Mediziner in Ostbrandenburg und Berlin 1992 – 2002").
Hauptreferent an diesem Abend war Herr Gunnar Weidner (Frankfurt (Oder)), der über den „Beitrag von Großgehölzen zur historischen Raum- und Motivbildung im Stadtgebiet Frankfurt (Oder)“ sprach. Anhand zahlreicher Dias verdeutlichte er die Wichtigkeit eines Baumbestandes für eine größere Stadt wie Frankfurt (Oder).


Nach der Sommerpause trafen sich die Mitglieder erstmals am 24. September wieder im Stadtarchiv. Dieses Mal referierte Vereinsmitglied, Herr Ingenieur Joachim Schneider, zum Thema „Der Aufmarsch der Roten Armee vor der Frankfurter Dammvorstadt im Februar 1945“ (veröffentlicht in H. 2/2002). Vor allem auf der Grundlage von zahlreichen mündlichen Überlieferungen versuchte der Referent den Vormarsch der Roten Armee und den Rückzug der deutschen Wehrmacht sehr detailliert zu rekonstruieren. Insbesondere durch sein selbst erarbeitetes Kartenmaterial gelang ihm eine recht plastische Darstellung der Ereignisse. Damit liegt erstmals eine Arbeit über die Kriegsereignisse östlich Frankfurt (Oder) für die Frankfurter Militärgeschichte vor.


Die Sitzung am 29. Oktober bestand aus drei Beiträgen. Vereinsmitglied, Herr Manfred Krause, erinnerte an das Hochwasser von 1997. In Form einer Chronologie stellte er die Ereignisse vom 10. Juli 1997 bis zur Erreichung des höchsten Pegelstandes dar. Zum Abschluss trug er sein 1997 zum Hochwasser entstandenes Gedicht vor.

Luftbild von Frankfurt (Oder) mit Oderhochwasser 1997 (Quelle: dpa/Patrick Pleul).


Danach referierte Vereinsmitglied, Herr Horst Voigt, über „Das Schicksal der Dachdeckerfirma Otto Schulz, Frankfurt (Oder), Blumenstraße 4. - Erlebnisse in Frankfurt (Oder) um das Jahr 1945“ (veröffentlicht in H. 2/2002). Grundlage für seinen Vortrag waren neben seinen Kenntnissen der Ereignisse Interviews mit Angehörigen von Dachdeckermeister Schulz. Es gelang ihm, das facettenreiche und gleichsam traurige Bild einer Frankfurter Familie bzw. Firma im Zweiten Weltkrieg zu zeichnen.
Der dritte Beitrag stammte von Herr OA Ralf- Rüdiger Targiel, der „Zum Schicksal Frankfurter Denkmäler nach 1945“ sprach (veröffentlicht in H. 2/2002). Die Palette reichte vom ersten, in Frankfurt (Oder) entstandenen Denkmal 1778 für Ewald Chris¬tian v. Kleist über Denkmäler von Militärs und verdienstvolle Frankfurter bis zum Einschmelzen von Denkmälern für die Metallreserve des Ditten Reiches im Zweiten Weltkrieg und zum Beschluss des Alliierten Kontrollrates über die Beseitigung deutscher militärischer und militaristischer Denkmäler. Nach dem Beitrag unseres Vereinsmitgliedes, Herrn Restaurator Bernhard Klemm, (veröffentlicht in H. 1/1997) ist dies eine weitere Bereicherung der Frankfurter Denkmalsgeschichte.


Am 19. November fand die nächste Sitzung statt. Sie begann mit einer Führung durch die Ausstellung des Stadtarchivs anlässlich des 250. Geburtstages von Leopold von Braunschweig und Lüneburg 1785. In der Ausstellung wird schlaglichtartig Frankfurt (Oder) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und das Wirken von Herzog Leopold beleuchtet.

Herzog Leopold auf einem Kupferstich von Daniel Chodowiecki; 1785, (Quelle Wikipedia).

Danach stellte Vereinsmitglied OMuR Joachim Winkler „Medaillen auf den Tod des Herzogs Maximilian Julius Leopold von Braunschweig und Lüneburg“ (veröffentlicht in H. 2/2002) vor, der bekannterweise 1785 bei einem Oderhochwasser ums Leben kam.


Die am 10. Dezember durchgeführte Sitzung fand im Museum VIADRINA statt, in dem die Weihnachtsausstellung besichtigt wurde. Anschließend ließen die Mitglieder das Jahr bei einem Glas Glühwein ausklingen. U. a. erzählte Herr Joachim Schneider von den Ergebnissen seiner Recherchen zur Familie Weingärtner und zum Verbleib der olympischen Medaille des Turnolympiasiegers Hermann Weingärtner.